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Gerichtliche Zuständigkeit für Recht auf Umgang mit Enkelkind

 

 EUGH C-335/17  

Gerichtliche Zuständigkeit für Recht auf Umgang mit Enkelkind

Der EuGH hat entschieden, dass der Begriff "Umgangsrecht" das Umgangsrecht der Großeltern mit ihren Enkelkindern umfasst und das Gericht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes über das Umgangsrecht entscheiden muss.

Frau Neli Valcheva, eine bulgarische Staatsangehörige, ist die Großmutter mütterlicherseits eines minderjährigen im Jahr 2002 geborenen Kindes. Seit der Scheidung seiner Eltern hat das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei seinem Vater, einem griechischen Staatsangehörigen, in Griechenland. Die Großmutter möchte ein Umgangsrecht erhalten. Da es ihr nicht möglich sei, einen engen Kontakt mit ihrem Enkelsohn aufrechtzuerhalten und sie die griechischen Behörden ohne Erfolg um Unterstützung gebeten habe, rief sie die bulgarischen Gerichte an, um die Modalitäten für die Ausübung des Umgangsrechts zwischen ihr und ihrem Enkelsohn zu bestimmen. Sie beantragte, dass er sie regelmäßig an bestimmten Wochenenden im Monat besuchen sowie zweimal im Jahr ein oder zwei Wochen seiner Ferien bei ihr verbringen dürfe. Das erstinstanzliche bulgarische Gericht und das Berufungsgericht wiesen den Antrag wegen fehlender Zuständigkeit zurück, weil eine Verordnung der Union (Brüssel-IIa-Verordnung, Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 - ABl. L 338, 1) die Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats vorsehe, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe (hier also die griechischen Gerichte).
Der in letzter Instanz befasste Varhoven kasatsionen sad (Oberstes Kassationsgericht, Bulgarien) ist der Ansicht, dass er für die Bestimmung des zuständigen Gerichts wissen müsse, ob die Brüssel-IIa-Verordnung auf das Umgangsrecht der Großeltern Anwendung finde.

Der EuGH hat entschieden, dass der Begriff "Umgangsrecht" im Sinne der Brüssel-IIa-Verordnung autonom auszulegen ist.

Nach Auffassung des EuGH wird diese Verordnung für alle Entscheidungen über die elterliche Verantwortung und das Umgangsrecht als Priorität angesehen. Der Gesetzgeber habe sich dazu entschieden, den Kreis der Personen, die die elterliche Verantwortung ausüben oder denen ein Umgangsrecht zukomme, nicht einzuschränken. Der Begriff "Umgangsrecht" erfasse somit nicht nur das Umgangsrecht der Eltern mit ihren Kindern, sondern auch das anderer Personen, hinsichtlich deren es für das Kind wichtig sei, persönliche Beziehungen zu unterhalten, insbesondere seine Großeltern. Der EuGH stellt auch klar, dass zur Vermeidung sich widersprechender Maßnahmen durch unterschiedliche Gerichte und zum Schutz des Kindeswohls dasselbe Gericht, grundsätzlich das am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes zuständige, über das Umgangsrecht entscheiden muss.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 78/2018 v. 31.05.2018